Was für ein Wochenende!
Unter dem Motto „Die Kunst vom Backen des einfach soldatisch Brodts im Felde“ führten wir am Wochenende vom 02. bis 04.09.2022 unseren diesjährigen Living History-Workshop durch. Es drehte sich diesmal alles um das Thema Brot, wobei wir den Herstellungsprozess vom rohen Korn bis zum fertig gebackenen Brot durchleben wollten. Hauptaugenmerk galt hierbei dem Bau eines Brotbackofens, welchen wir vor Ort konstruieren konnten. Mit Mitteln der experimentellen Archäologie wollten wir möglichst einfach und lediglich mit Materialien, die wir vor Ort vorfanden, den Ofen bauen. Dies gelang uns nach gut 1,5 Tagen Arbeit sehr gut, sodass wir zum Ende des Workshops sogar die ersten Brote darin backen konnten. Weiterhin haben wir zum Wetterschutz ein Dach über dem Ofen bauen können.
Aber auch die Vorarbeiten, wie z.B. das Mahlen des Korns zu Mehl und Ansetzen der Teige waren Teil unseres Workshops. Hierbei konnten die Teilnehmenden viel ausprobieren und lernen. Zudem suchten wir nach einer praktikablen Lösung, Brot in unserem Feldlager zu backen, wozu wir einige Versuche mit auf dem Feuer gebackenen Brot durchführten. Auch hier können sich die Ergebnisse sehen lassen.
Neben der Tätigkeiten rund um das Thema Brot war auch das Kochen, Leben im Lager und kleine Tätigkeiten Teil des Workshops.
Meiner Meinung nach war das Wochenende ein voller Erfolg. Die Teilnehmenden hatten eine Menge Spaß und konnten viel Schaffen. Auch der Genuss kam nicht zu kurz, da ständig etwas verkostet und probiert wurde. Nachfolgend findet Ihr eine lose Auflistung unser Ergebnisse.
Ich wünsche viel Spaß beim Stöbern und bedanke mich bei allen Teilnehmenden!
VIVA SANTA MARIA!
Daniel Klotz
Mehl mahlen
Einfache Handdrehmühle nach P. Hagendorf
Um einen Teig anzusetzen und Brot zu backen begannen wir mit dem Mahlen des Mehls. Wir nutzten hierfür eine einfache Handdrehmühle, ähnlich dem Modell, wie es im Tagebuch des Peter Hagendorfs beschrieben wird. Das Stück in Hagendorfs Aufzeichnungen wurde aus zwei Schleifsteinen improvisiert, wobei es nahe liegt, dass diese Steine aus einem weichen, abrasiven Gestein (z.B. Sandstein) gefertigt waren. Wir nutze für unser Experiment eine Reproduktion einer römischen Handdrehmühle („Mola Manualis“), welche ebenfalls aus Sandstein gefertigt war und dem Stück aus Hagendorfs Tagebuch recht nahe kommen könnte.
Ergebnis:
- Es sind mehrere Mahlgänge nötig
- Ausstoß ca. 1,5 kg über das ganze Wochenende
- Die Anzahl der Mahlgänge und der Aufwand sind stark vom verwendeten Korn abhängig
- Folgende Getreidearten haben wir vermahlen:
- Roggen (ließ sich schwer vermahlen, macht einen harten Eindruck)
- Weizen (ähnlich dem Roggen, jedoch macht es einen weicheren Eindruck)
- Emmer (macht einen weichen Eindruck, Der Läufer der Mühle „rumpelt“ allerdings beim Mahlen)
- Es ist unbedingt nötig, das gemahlene Zwischenprodukt nach einem Mahlgang zu sieben!
Handdrehmühle mit konischem, einstellbarem Mahlwerk
Des Weiteren nutzen wir eine moderne Handdrehmühle mit konischem, einstellbarem Mahlwerk. Hier kann die Menge der Kornzufuhr sowie der Druck auf den Mahlstock eingestellt werden. Die Form dieser Mühle ist schon seit dem Mittelalter bekannt und für große, wasserbetriebene Exemplare bekannt. Hauptunterschied zu den historischen Stücken ist das verwendete Material, welches bei unserem Exemplar wohl ein künstliches/gesintertes und kein natürlich gewachsenes Gestein sein dürfte.
Ergebnis:
- Der Ausstoß der Mühle ist wesentlich höher als der der historischen Handdrehmühle, da durch das konische, einstellbare Mahlwerk die vielen Mahlgänge entfallen.
- Folgende Getreidearten haben wir vermahlen:
- Weizen (ließ sich recht leicht vermahlen, es macht einen weichen Eindruck, das Korn war jedoch nicht optimal vermahlen, dass ein zweiter Mahlgang nötig war)
- Emmer (macht einen harten Eindruck, nachdem die Dosierung und der Druck auf den Mahlstock richtig eingestellt waren, war das Korn nach dem ersten Mahlgang schon gut geöffnet, das Mehl konnte direkt als Vollkornmehl genutzt werden)
- Es ist unbedingt nötig, das gemahlene Zwischenprodukt nach einem Mahlgang zu sieben!
Ansetzen von Teigen
Neben Wasser ist Mehl die Hauptzutat für einen Teig. Wir nutzen für unsere Teige verschiedene Mehle, wobei Roggenvollkorn, Dinkelvollkorn sowie Emmervollkornmehl für die großen Brotleibe genutzt wurden. Wir wählten diese Getreidesorten bewusst, da sie für die einfache Bevölkerung und Soldateska die wohl verbreitetsten und günstigsten waren. Weizenmehl nutzen wir für die süßen und deftigen Teigfladen.
Neben variierenden Getreidesorten experimentierten wir vor allem mit dem Treibmittel der Teige herum. Neben (unhistorischer) Trockenhefe haben wir auch einen historischen Sauerteigansatz als Treibmittel für unsere Teige genutzt. Wir haben diesen in Vorbereitung auf den Workshop nach folgendem Vorgehen hergestellt:
100 g Mehl mit 100 ml lauwarmen Wasser in einer großen Schüssel ordentlich durchrühren (durchschlagen) und 12 Stunden abgedeckt ruhen lassen. Dann nochmals umrühren und weitere 12 Stunden ruhen lassen. Am nächsten Tag 50 g Mehl und 50 ml lauwarmes Wasser zum Teig hinzufügen, durchschlagen und abgedeckt zurückstellen. 24 Stunden ruhen lassen. Im Laufe dieses Tages sollte in Abhängigkeit zur Temperatur langsam die Verhefung einsetzen.
Als Vergleichsmaßstab diente ein gekaufter Sauerteigansatz. Das Ergebnis der beiden Teige ist nahezu gleich:
Als einfache, im Feldlager praktizierbare Lösung zum Brotbacken setzten wir zudem Teige für Soldatenbrot an. Das benutze Rezept kann dem Handbuch oder Regiments-Kochbuch entnommen werden. Wir haben hierfür zwei Teige aus Roggenvollkornmehl angesetzt. Einen dieser Teige hydrierten wir mit Wasser, den zweiten mit Bier. Ein Unterschied im Geschmack war für uns nicht erkennbar. Auch führten wir Versuche mit eingestochenen Löchern in den Teigfladen durch. Hier ist ebenfalls kein Unterschied zwischen gelöchertem und ungelöchertem Fladen zu erkennen.
Als Zugabe zu den rustikalen Sauerteigbroten wählten wir ein Brotgewürz, bestehend aus geschrotetem Fenchel, Kümmel und Koriander. Diese Zugabe machte unsere Brote nochmal aromatischer und unterstreicht den rustikalen Charakter der Vollkorn-Sauerteige.
Besonders bemerkenswert waren für uns die Eigenschaften des Teiges aus unserem selbstgemahlenem Roggenvollkornmehl. Der Teig war schwer und brüchig. Trotz hoher Zugabe von Wasser und der exakten Menge Treibmittel, war der Teig sehr schnell wieder ausgetrocknet und ging auch nach langer Ruhezeit nicht auf. Der Teig aus dem selbstgemahlenen Emmer machte einen guten Eindruck und ließ sich auch gut backen.
Bau des Brotbackofen
Hauptaufgabe bei unserem Workshop war der Bau eines Brotbackofens. Wir entschieden uns auf Grund der lokalen Gegebenheiten für einen Kuppelofen. Um die Probleme und Herausforderungen der Soldaten des 17. Jahrhunderts möglichst genau nachzuempfinden, entschieden wir uns beim Bau des Ofens nur Rohstoffe zu nutzen, die wir vor Ort vorfanden. Folgend eine chronologische Auflistung des Vorgehens:
Samstag ca. 11 Uhr, Start des Ofensbaus – Vorarbeiten: Haselstöcke für das Ofengerüst schneiden, Suche nach möglichst lehmhaltiger Erde in der Umgebung, Fundament des Ofens aufsetzen, Backfläche aus Biberschwanzziegeln auf das Fundament setzen.
Samstag ca. 12- 13 Uhr: Gerüst des Ofens aus Haselstöcken bauen.
Samstag ca. 13- 15 Uhr: Abbau von lehmhaltiger Erde, Lehm mit Wasser anmischen, Anreichern des Lehms mit Stroh und Aufbringen der ersten Lehmlagen auf das Gerüst.
Samstag ca. 16 Uhr: Erstes Einbringen von Glut, Start der Ofentrocknung.
Samstag ca. 17 Uhr: Schrittweises Erhöhen der Glutmenge.
Samstag ca. 19 Uhr: Erste Stellen des Ofens werden trocken. An der Beladeöffnung räumten wir ein Stück des Brennraums frei, um erste Backversuche zu tätigen.
Auf Grund der niedrigen Temperatur im Ofen haben wir uns für das Backen eines süßen Fladens entschieden. Hierfür haben wir aus Hefeteig Fladen ausgeformt, diese mit Schmand bestrichen, mit Zucker und Zimt bestreut und mit Mirabellen und/oder Äpfeln belegt. Später versuchten wir auch eine deftige Version der Fladen, belegt mit Schmand, Speck, Zwiebeln, Käse bzw. Handkäse. Beide Versionen haben großartig geschmeckt!
Samstag ca. 23 Uhr: Letztes Beladen des Ofens mit Glut, sodass er die Nacht über durchtrocknen kann.
Sonntag ca. 8 Uhr: Der Ofen ist außen kühl, im Backraum noch leicht warm. Erneutes Beladen des Ofens mit Glut zum Trocknen.
Sonntag ca. 10 Uhr: Verputzen der ersten auftretenden Risse im Ofen. Start des Aufheizens des Ofens zum Backen.
Sonntag ca. 11–13 Uhr: Wir nutzen die Wartezeit zum Trocknen und Aufheizen des Ofens zur Konstruktion eines Dachs über dem Ofen.
Sonntag ca. 13:30–14:30 Uhr: Einbringen von zwei großen (ca. 500g) Brotleiben sowie zwei kleinen (ca. 200g) Brotleiben in den Ofen.
Sonntag ca. 14:30 Uhr: Beendigung der Veranstaltung. Brote werden aus dem Ofen geholt – der Boden der Brote hat eine gute Krumme ausgebildet. Die Brotoberseite ist noch recht weich. Im Inneren sind die Brote leicht teigig. Geschmacklich sind die Brote sehr lecker. Höhere Temperatur im Backraum hätte die Krumme besser ausgebildet und die teigige Konsistenz im Inneren vermieden.
Weitere Backversuche
Neben der Backtätigkeit in unserem Ofen versuchten wir auf verschiedene Arten im Lagerfeuer Brote zu backen. Um eine praktikable Lösung im Feldlager Brot zu backen herauszufinden, waren diese Versuche für uns von besonderem Interesse.
Soldatenbrot auf Ziegel
Diese Zubereitungsmethode des einfachen Soldatenbrotes, bestehend aus Roggenvollkornmehl, Wasser/Bier und Hefe scheint für uns eine einfache, im Lager praktikable Lösung zum Brotbacken zu sein. Die ausgeformten Fladen werden auf den Biberschwanzziegel in der Glut gelegt und so ausgebacken. Regelmäßiges Drehen und Wenden lässt die Brote gleichmäßig garen.
Soldatenbrot in Gusspfanne
Neben der Backmethode auf dem Ziegel versuchten wir in einer gusseisernen Pfanne das Soldatenbrot zu backen. Hierbei war die Temperatur der Pfanne sehr wichtig. Beim ersten Versuch (linkes Bild) war die Pfanne zu heiß, sodass das Brot außen sehr schnell dunkel wurde, jedoch innen noch teigig war. Der zweite Versuch in der abgekühlten Pfanne (rechtes Bild) erzeugte einen perfekten Fladen mit schöner Blasenbildung.
Schamottstein und übergestülpter Kessel
Durch diese Backkonstruktion versuchten wir einen Ofen zu imitieren. Von unten sorgte der Schamottstein für eine gleichmäßige Wärmeabgabe. Der darüber gestülpte Kessel speichert die heiße Luft im Backraum. Nach Bedarf können auf/um den Kessel Glutstücke platziert werden, um eine noch höhere Temperatur zu erreichen.
Das Ergebnis dieser Methode kann sich absolut sehen lassen. Beim ersten Backversuch (linkes Bild) war die Temperatur im etwas zu hoch, sodass die Brotkrumme etwas dunkel wurde. Aus diesem Grund wurde die Glutmenge um den gestülpten Kessel bei zweiten Versuch reduziert, wodurch uns ein tolles Brot gelang (rechtes Bild).
Moderner Backofen zu Hause
Nach Beendigung der Veranstaltung waren noch zwei Teige übrig, welche anschließend zu Hause im modernen Ofen gebacken wurden. Das hintere Brot ist aus einem Roggenvollkorn-Sauerteig hergestellt. Beim vorderen Brot handelt es sich um einen Weizenteig, welcher Trockenhefe als Treibmittel nutzte. Das Resultat nach 40min Backen bei 220 Grad Umluft ist großartig. Die Brote ähneln sehr gekauften Broten vom Bäcker.
Kochen
Neben dem Bau des Ofens und den Backversuchen beschäftigten wir uns zudem mit dem Kochen. Als leckere Beilagen zu unseren frischen Broten konnten wir verschiedene Schmankerl zubereiten und mit allen Teilnehmenden verkosten:
Handkäs’ mit Musik
- Harzer Rolle und Zwiebel kleinschneiden und in eine Schüssel geben
- mit Essig, Öl und Apfelwein oder ‑saft marinieren und leicht würzen.
- Das Ganze min. 1h ziehen lassen
Selleriepaste
Eine Art Pesto, hergestellt aus dem Grün von Stangensellerie. Hat besonders gut auf unseren Soldatenbrot-Fladen geschmeckt.
- Selleriegrün waschen und mit der gleichen Menge Öl in einem Mixer zerkleinern.
- Mit Salz und Knoblauch abschmecken
Räucherwurst und ‑speck
Hierfür haben wir verschiedene Würste und Bauchspeck über dem Feuer aufgehangen und sie so über einen Tag hinweg geräuchert.
Kraut mit Fleisch und Wurst
Sehr schnelles, einfaches Gericht. Sauerkraut in Topf mit Schinkenspeck und Mettenden erwärmen. Dazu haben die Soldatenbrote sehr gut geschmeckt.
Gegarter Hase
Tolles, extrem schmackhaftes Gericht, das sich gut im Feldlager zubereiten lässt. Der Hase wurde zerteilt und angebraten. Mit Wurzelgemüse wurde ein Soßenansatz hergestellt, in welchem der Hase dann über längere Zeit fertig gegart wurde, sodass das Gemüse zerfällt und das Fleisch butterzart wird.
Getreide mit Fleisch und Wurst
Dieses Gericht war die absolute Überraschung! Trotz der einfachen Zutaten und des Aussehens schmeckte es wirklich vorzüglich! Wir bereiteten dieses Gericht im Rahmen der Versuche zu alternativen Verwendungen für Getreide zu und waren selbst überrascht, wie großartig es geworden ist. Die gequollenen Roggenkörner erinnern an bissfesten, rustikalen Reis bzw. trockenes Risotto.
- Roggenkörner in Topf geben und mit Wasser bedecken, ca. 30min simmern lassen.
- Regelmäßig Wasser auffüllen.
- Nach 30min kleingeschnittene Würste, Speck und einen Löffel Schmalz dazu geben.
- Nochmal mindestens 20 min, bis das restliche Wasser verkocht ist, auf dem Feuer lassen.
Brotsuppe
Der Versuch unser Soldatenbrot vom Vortag zu verwerten. Wir bröselten das Brot klein, gossen es mit Wasser auf und ließen es auf dem Feuer quellen. Leider haben wir auf Grund des Backofenbaus den Topf ein wenig vergessen, sodass wir die Suppe nicht probieren konnten. Als Optimierung ist anzumerken, dass die Brotstücke wesentlich kleiner als die unseren sein müssen, um richtig quellen zu können.
Weitere Tätigkeiten
Neben dem Backen und Kochen haben wir uns mit weiteren kleinen Aufgaben beschäftigt. Zusätzlich zu Versuchen zum Feuermachen mit dem Feuerschläger und der Reparatur von Werkzeug, dass während dem Ofenbau beschädigt wurde, konnten wir die Konturen der geplanten Schanze auf unserem Grundstück abstecken:
Wir stellten zudem ein ordentliches Lager mit einem zentralen Aufenthaltszelt, in welchem wir unsere Arbeiten verrichteten. Trotz dessen, dass keine Besuchenden vor Ort waren, haben wir weitestgehend unhistorische Gegenstände aus dem Lager fernhalten können, sodass wir gut in die Lebenswelt des 17. Jahrhunderts eintauchen konnten.
Auch der Spaß kam nicht zu kurz: Bei Dienstschluss frönten wir Glücksspielen, wie etwa Karnöffel, wobei es wegen Betrugsversuchen zu so mancher (gespielten) Auseinandersetzung kam 🙂
Weitere Fotos zu dieser Veranstaltung findet Ihr hier: Marketenderei Anno 1622