Wort und Schrift:
die Sprache im Frühbarock
Wort und Schrift: die Sprache im Frühbarock
Durch die Recherche in zeitgenössischen Quellen fallen uns immer wieder Wörter auf, die wir aus dem heutigen Sprachgebrauch nicht mehr kennen. Wir versuchen die Bedeutung zu diesen zu recherchieren und möchten Euch hier eine kurze Erläuterung sowie Auflistung zeigen.
Einführung
Die Sprache des 17. Jahrhunderts ist mit der heutigen Sprache nicht zu vergleichen. Viele Worte aus dem Französischen, Lateinischen und Italienischen machten die deutsche Sprache facettenreicher. Dies liegt zum einen an den länderspezifischen Einflüssen und zum anderen an der Vielfalt der Nationalitäten der Soldaten in den Armeen. Auch der Satzaufbau ist anders, als heute. Zum Beispiel aus einem Brief von Jan von Wert an Piccolomini 1645 nach der Schlacht bei Alerheim:
„unwissend meiner, sintemalm mir von einigen Officir nicht advertirt worden, daß selbiger einige Not oder Gefahr hette. Es wäre ein großer Sieg geworden, wenn er das Unglück Geleens – dieweilen ich nit sehen können, was auff dem rechten Fliegel vorgangen.“
Hier verteidigt sich Jan von Werth, dass er nicht über die Gefahr von seinen Offizieren unterrichtet worden ist und das er nicht sehen konnte, was auf dem rechten Flügel der Bayerischen Armee vorging.
Tagebuch des Peter Hagendorf
Hier ein Text aus dem Tagebuch des Peter Hagendorf:
“ Dessen 1627 gars In Abpril den 3. habe ich mich vnter den Pabpenhemsen Regement, zu Vlm lassen vnterhalten, den Ich bin gans abgeRissen gewessen…….“
Am 3. April 1627 hat sich also Peter Hagendorf beim Papenheimer Regiment in Ulm anwerben lassen, da er ziemlich mittellos war. Hier ist zu beobachten, dass ein V das U ersetzt und die Großschreibung völlig ohne Regel angewendet wird. Ein Buch aus der damaligen Zeit ist für uns nur schwer oder gar nicht zu lesen. Zu empfehlen ist das „Tagebuch des Peter Hagendorf“ von Jan Peters. Dieses Buch enthält die Originalaufzeichnung und die Übersetzung in die heute gebräuchliche Sprache.
Einfluss anderer Sprachen
Bedingt durch die Vielfalt der Nationalitäten in den Einheiten des Dreißigjährigen Krieges wurde als gemeinsame Sprache auch das Rotwelsch, die Gaunersprache benutzt. Sie enthält Elemente aus dem Deutschen, dem Jiddischen, dem Spanischen und der Sprache der Roma. So kommt z. B. das heute noch gebräuchliche Wort „vopen“ – jemanden täuschen, hinters Licht führen, aus dem Rotwelsch.
Bedingt durch die Vielvölkerarmeen kamen auch viele ausländische Wörter, vorwiegend Fachausdrücke aus dem Militärischen, in die deutsche Sprache. So sind zu nennen: Artillerie, Bombe, Deserteur, Garnison, General, Infanterie, Karabiner, Flinte, Säbel, und viele mehr. Auch das Wort „Alarm“ kommt z. B. aus dem Romanischen und leitet sich von „All Arme“ – zu den Waffen, ab.
Viele Redewendungen des Dreißigjährigen Krieges sind bis heute gebräuchlich. „Von der Pike auf gelernt“, „Lunte gerochen“ oder „Ich kenne meine Pappenheimer“ wird immer noch gerne benutzt, obwohl die wenigsten wissen, wo diese Redewendungen herkommen.
Wörterbuch
Um fremdsprachige Begriffe zu verstehen oder deutsche Begriffe zu übersetzen, half es ein Wörterbuch zu benutzen. Wir konnten bei unserer Recherche ein besonders schmuckes Exemplar eines Wörterbuches von Nathanaël Duëz aus dem Jahre 1644 finden, welches militärischen Begriffen ein eigenes Kapitel widmet. Das Wörterbuch wurde unter dem Titel “Nova nomenclatura IV linguarum” in den Niederlanden veröffentlicht und führt die Begriffe der Reihenfolge nach in französischer, deutscher, italiensicher und lateinischer Sprache auf. Hier einige ausgewählte Begriffe:
Französisch | Deutsch | Italienisch | Latein |
le rendez-vous, la place monstre | der Musterplatz | la piaza die mostra ò de raffegna | diribitorium |
la cavalerie | die Reuterey | la cavalleria | equitatus |
L’infanterie, les pietons, fantassins, gens de pied | das fußvolck, die fußknechte | li pedoni, fanti, fantaccini, l’infanteria ò la fanteria | pedites, peditatus |
Un colonnel | ein Oberster | un colonello | chiliarchus |
Capitaine | Hauptmann oder Rittmeister | capitano | centurio, magister equitum |
Lieutnant | leutnant | luogotenente | subcenturio, locumtenens, vicarius, legatus |
Port’ enseigne, alfier | fenrich | alsiere | signifer, vexillifer, vexillarius |
Un Officier, homme de commandement | ein officierer, befehlshaber | un’ ufficiale | praefectus regius, munifex |
Un sergeant | ein serschant oder feldwebel | un sergente | tribunus centuriae, decurio |
Mousquetaire | Mußketierer | moschetiero | sclopetarius |
Picquier | Pickenierer | picchiero | lancearius, farissarius |
Dragon | Dragoner | dragone | hipposclopista |
Arquebusier | Arckebusierer | archibugiero | sclopetarius |
Canonier | constabel oder büchsenmeister | canoniero, bombardiero | tormentarius |
le tambour | die trummel oder paucken und der trummelschlager | il tamburro, la cassa, | tympanum ac tympanista |
une armée | ein heer | un’ armada | exercitius, agmen, copiae militares |
une compagnie | ein companey | una compania à brigata | centuria aux vexillatio |
la meche | die lunte | la corda | ellychnium, chorda tormentaria |
Un harnois ou une cuirasse | ein harnisch oder cüriß | un’ armese, corazza o armatura | lorica velarmatura, cataphracta |
Une hallebarde | ein hellepart | un’ alabarda | hasta militaris |
Un fort | ein schantz, feldschantz | un forte, fortino | fortalitium, propugnaculum |
Une forteresse | eine vestung | una fortezza | arxvel urbs probe munita |
Un pionnier | ein schantzgräber | un guastadore ò zappatore | cunicularius |
Sortier ensignes desployées & mesches allumées | mit fliegenden fahnen und brennenden lunten aufziehen | usciro con le bandiere spiegate & La corda accesa | vexillis explicatis chordaque accensa egredi |
gaigner la bataille | die schlacht gewinnen | guadagnare la bataglia | pugnam adipisci |
Un casque, armet, heaume, une salade | ein casket oder strumhut | un’ elmo, una celada | cassis, galea |
Une bourguignotte, ou un moriun | ein pickelhaub, strumhut | un morioe | cassis farissarii |
Das gesamte Kapitel zu militärischen Begriffen aus Nathanaël Duëz – Nova nomenclatura IV linguarum, 1644:
Auflistung Wörter / Redewendungen
aestimirt | schätzen, anerkennen |
ausstreifen | auf Beutezug gehen |
Bataglie | Schlachtordnung |
Bona veria | Guten Glaubens |
caressiret | umschmeichelt |
compelliert | gedrängt, gedrängt werden |
Conjunctis virilis | vereinigt und tapfer |
contra veritalem | entgegen der Wahrheit |
convoyirt | begleitet |
dependiren | abhängig sein, abhänge |
Donation | Schenkung |
Douceurs | Beutegelder (z.B. für die Eroberung einer feindlichen Fahne) |
Dümmler | auch Tummler, Tumeler – veralteter Name für Mörser, die Feuerkugeln verschossen |
gelderische Parteien | spanische Truppen |
in die Kluppen bringen | eine Falle stellen |
in modo limitato | nur vermindert, reduziert |
in publicis | im Allgemeinen |
Kavaliersparole | Ehrenwort |
Lb = Libra | Pfund (Gewicht) – Maßeinheit |
lege ex judica | nach gültigem Recht |
Malificant | Verbrecher, Übeltäter |
per Maiora | durch Mehrheit |
Posterität | Nachkommenschaft |
Progress | Erfolg, Fortschritt |
Rapido | Schnell, schneller |
reterieren | zurückziehen |
Ronde | Rundgang eines Offizieres bei dem er Posten und Wachen kontrolliert |
Salva Guardia | Schutzbrief, Schutz |
Salvum Conductum | sicheres Geleit |
Scribenten | Schreiber |
Strategema | Kriegslist |
Succurs | Verstärkung, Zuzug |
Hereditarius | die Erbschaft antreten |
juris diction | unter hoheit stehend |
ohne Resistenz | ohne Gegenwehr |
per Forza | mit Gewalt |
Affektion | Beziehung, Zuneigung |
Tirones | Rekruten |
Concubinen | „leichte Mädchen“ |
Avantguardia | Vorhut |
Passavolanten | Soldaten, die nur auf dem Papier existierten. So konnte der Werber mehr Geld einstreichen. |
Impresa | Unternehmung, Unternehmen, z.B. ein Angriff |
discouragiert | entmutigt, entmutigen |
Occasion | Gelegenheit |
Ranzion | Lösegeld |
Duback | Tabak |